Mit dem Hummel Einachser an die Nordsee und zurück

Mit dem Einachser nach Santiago de Compostela

 

Ein kurzer Reisebericht aus der "Nord-West Zeitung", Rodenkirchen

 

Fleißige Hummel tuckert 1800 Kilometer nordwärts

Schicksal Treckerfahrer Gunther Brüning folgt der Einladung von Mario Harken

 

Der 31-Jährige reiste aus der Nähe von Karlsruhe an. Vor seiner Abreise möchte er den Roonkarker Mart erleben.

von Ulrich Schlüter

Rodenkirchen - Eine Fahrt an den Kleinensieler Strand ist für Treckerfahrer Gunther Brüning ziemlich zeitaufwendig. Von einer Spritztour kann dabei wahrlich nicht die Rede sein. Denn mit seinem einachsigen Hummel-Traktor, Baujahr 1954, und angehängtem Planwagen schafft der 31-jährige Obdachlose gerade einmal sechs Kilometer in der Stunde.


Einmal an die Nordsee
Nach endlos langen 1800 Kilometern ist der gebürtige Walsroder, der im Mai in der Nähe von Karlsruhe aufgebrochen war, in Rodenkirchen angekommen. Pünktlich zum Roonkarker Mart. „Ich wollte zum Einachser-Treffen nach Borken“, sagt Gunther Brüning und erzählt, dass er im August dort eintraf und sich anschließend dazu entschloss, weiter bis an die Nordsee zu fahren. Da sei er schon seit ewigen Zeiten nicht mehr gewesen. Und weil er weder einen Führerschein besitze noch die Autobahnen benutzen dürfe, sei er halt immer auf Umwegen unterwegs, um ans Etappenziel zu gelangen.

Gunther Brüning führt während der Tour eine Homepage und ist in einem Traktorforum aktiv. Im Internet kam dann auch der Kontakt mit dem Rodenkircher Mario Harken zustande, der zurzeit einen Deutz-Schlepper, Baujahr 1962, restauriert. „Ich bin von der Tour so begeistert, da habe ich Gunther kurzerhand nach Rodenkirchen eingeladen“, merkt der 21-Jährige an. Und nun parkt der blassblaue Hummel-Schlepper samt Anhänger unter einer Plane im Garten seines Elternhauses.

Gunther Brüning, der schon nach der Schule Reisaus nahm, den Kontakt zu seinen Eltern kappte und zunächst mit dem Rad durch die Gegend streifte, reist nicht allein. Ihn begleitet der Deutsche Schäferhund „Yaris“. Zusammen mit dem historischen Trecker bilden sie ein uriges Gespann. Weil der Aussteiger von Harz IV lebt, muss er seine Strecke immer so wählen, dass er in den Zielorten auch stets sein Tagesgeld bekommen kann.

Traktoren gehörten schon immer zu seinem Leben. Seine Großeltern betrieben im Nebenerwerb eine kleine Landwirtschaft. Des Fahrradfahrens vor zwei Jahren müde geworden, beschloss Gunther Brüning, sich einen Traktor anzuschaffen. Den jetzigen Hummel-Schlepper mit einer Leistung von 10 PS bewegt er seit einem Jahr auf seiner Deutschlandreise. Den Vorgänger, ebenfalls ein Hummel mit Zweitakt-Dieselmotor, hatte er zuvor abgestoßen.

Der 31-Jährige hat bei seiner Reise alles an Bord: Er kann Kaffee kochen, sich eine warme Mahlzeit zubereiten, Musik hören und im Internet surfen. Von Pannen bleibt er indes nicht verschont. Einmal sei ihm der Kupplungszug gerissen, erzählt Gunther Brüning. Da habe er Glück gehabt. So wie auf der Landesstraße in Jever, als ihm beim Überholen ein Autofahrer nur den linken Spiegel beschädigte. Es hätte auch schlimmer ausgehen können.


Nächstes Ziel Rastatt
Bei seiner beschaulichen Treckerfahrt lernt Gunther Brüning Land und Leute kennen. „Mir geht es um das Reisen, ich möchte frei sein“, sagt er. Und so folgt er weiter dem Trieb, immer unterwegs sein zu müssen. Nach dem Roonkarker Mart wird er wieder seinen Hummel-Schlepper anwerfen und in Richtung Süden tuckern. „In Rastatt“, merkt Gunther Brüning an, stehe sein Wohnwagen. Das sei sein nächstes Ziel. Die Strecke von rund 700 Kilometer kann man mit dem Auto in knapp sechs Stunden zurücklegen – für Gunther Brüning dauert es eine halbe Ewigkeit.

 
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Quelle: Nordwest-Zeitung, Oldenburg


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